Wacker präsentiert elektroaktive Siliconlaminate für die Medizintechnik
NEXIPAL® besteht aus ultradünnen, mit Elektroden beschichteten Präzisionsfolien und kann als Aktuator Bewegungen ausführen oder als Sensor mechanische Verformungen messen. (Foto: WACKER) |
Grundlage der neuen Laminattechnologie ist ELASTOSIL® Film. Die ultradünne Siliconfolie, die WACKER als Rollenware in Stärken zwischen 20 und 400 µm produziert, ist eine wichtige Materialkomponente. Sie ermöglicht aufgrund ihrer dielektrischen Eigenschaften erst die gewünschten elektroaktiven Effekte des Laminats. Damit die Siliconfolie Bewegungen ausführen bzw. messen kann, wird sie mit einem elektrischen Leiter beschichtet und anschließend lagenweise zu einem Laminat zusammengefügt.
Solche vorkonfektionierten Laminate plant der Münchner Chemiekonzern WACKER unter dem Markennamen NEXIPAL® in Zukunft selbst zu produzieren. Auf der Medizintechnik-Fachmesse COMPAMED wird das Unternehmen erste Mehrschichtfolien und Anwendungen zeigen, so auch einen innovativen Touch Screen, der in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Intelligente Materialsysteme der Universität des Saarlandes entwickelt wurde und durch Vibrationen haptische Effekte erzeugen kann. Mit diesem und anderen Anwendungsbeispielen erhalten Besucher auf der COMPAMED Einblicke in die faszinierenden Möglichkeiten solcher elektroaktiven Polymere.
NEXIPAL®-Laminate bestehen aus mehreren ultradünnen, mit elektrisch leitfähigem Material beschichteten Präzisionsfolien. Jede Folienlage ist somit zwischen zwei flexiblen Elektroden eingebettet. Liegt eine elektrische Spannung an, ziehen sich die positiven und negativen Ladungsträger der Elektroden an. Die dazwischen liegende Siliconfolie verändert dadurch ihre Form: sie wird dünner, zugleich aber auch länger und breiter, wobei sich die Oberfläche proportional zur Kompression ausdehnt. Im entladenen Zustand sorgt die Rückstellkraft der hochelastischen Folie dafür, dass das Laminat wieder seine ursprüngliche Form annimmt. Dieser Vorgang lässt sich beliebig oft wiederholen.
Der Chemiekonzern wird die gebrauchsfertigen Produkte, die unter dem Namen NEXIPAL® vertrieben werden, künftig im industriellen Maßstab herstellen. (Foto: WACKER) |
Elektroaktive Siliconlaminate besitzen gegenüber der bestehenden Magnetspulentechnologie unter anderem den Vorteil, nur während des Schaltvorgangs elektrische Energie zu verbrauchen. Dadurch arbeiten sie über die gesamte Lebensdauer nachhaltiger und verursachen wesentlich weniger Kosten. Außerdem produzieren Siliconlaminate keine Wärme. Eine aufwändige Kühlung des Messgerätes wird dadurch überflüssig.
Jede mechanische Einwirkung verändert außerdem die elektrische Kapazität des Laminats. Elektroaktive Polymerlaminate können deshalb auch als Sensoren verwendet werden. Diese Doppelfunktion macht NEXIPAL® zum echten Alleskönner und für innovative Anwendungen in der Medizintechnik, Sensorik und Robotik interessant. NEXIPAL®-Laminate sind beispielsweise in der Lage, wie ein künstlicher Muskel fließende Bewegungen auszuführen oder – dank Sensorfunktion – Berührungen zu detektieren.
Derzeit errichtet WACKER eine eigene Anlage zur Entwicklung und Fertigung von Laminaten. Sie wird voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2020 erste gebrauchsfertige, vorkonfektionierte Komponenten liefern. Damit schließt der Chemiekonzern eine Lücke in der Wertschöpfungskette dieser innovativen Technologie. Als führender Siliconhersteller ist WACKER künftig in der Lage, den wachsenden Bedarf nach elektroaktiven Lösungen mit eigenen, qualitativ hochwertigen Siliconlaminaten zu decken.