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bvse: Rezyklateinsatzquoten bei Lebensmittelverpackungen sind kontraproduktiv

bvse: Rezyklateinsatzquoten bei Lebensmittelverpackungen sind kontraproduktiv

Artikel
dirk textor BVSE 425 Vollbild
Fachverbandsvorsitzender Dirk Textor

Aufgrund seines geringen Energieverbrauchs ist das werkstoffliche Recycling die effizienteste Methode der Kreislaufführung für gebrauchte Kunststoffverpackungen. Neue gesetzgeberische Maßnahmen haben das Ziel, dies zu unterstützen.

Die Einführung von Mindesteinsatzquoten für PE-, PP- und PS-Rezyklate im Lebensmittelkontakt lehnt jedoch der Verband ab. Bisher werden keine PE-, PP- und PS-Rezyklate aus offenen Sammelsystemen (z. B. gelber Sack) für Verpackungen mit Lebensmittelkontakt verwendet – und das aus gutem Grund.

Selbst wenn die regulatorischen Bedingungen der EFSA – European Food Safety Authority durch sehr (energie-)intensives Sortieren unter Verwendung von digitalen Markern erfüllt würden, ist deren Einsatz im Rahmen der notwendigen Risikoabschätzung nicht empfehlenswert. Erfahrungsgemäß führen Druckfarben, das Füllgut und die im offenen Sammelsystem stattfindenden Querverschmutzungen mit anderen Verpackungen zu kritischen Kontaminationen der Rezyklate durch Migrationen.

Wir plädieren deshalb dafür, diese Rezyklate für Non-Food Verpackungsarten zu verwenden, denn auch so kann das Ziel der Vermeidung von Kohlenstoffemissionen gemäß LCA – Life Cycle Analysis erreicht werden. Entscheidend ist schließlich, dass die Rezyklate Neukunststoffe ersetzen.

Dafür gibt es mehr als genügend Möglichkeiten: So können beispielsweise Non-Food Verpackungen aus den Bereichen Personal Care und Home Care, Anwendungen in der Bauindustrie, im Fahrzeugbau oder für Elektro-, Haushalts-, Baumarktprodukte, Möbel und Logistikanwendungen große Mengen an Rezyklaten ökologisch vorteilhaft aufnehmen und Neuware ersetzen.

thomas probst BVSE 391 Vollbild
Referent Dr. Thomas Probst

Das hätte auch den Vorteil, dass die vorhandenen Kunststoffabfälle aus offenen Sammelsystemen nicht energieaufwändigen, chemischen Aufbereitungsverfahren zugeführt werden müssten. Es kann ja nicht darum gehen, unbedingt Rezyklate für Verpackungen mit Lebensmittelkontakt einzusetzen, sondern es muss darum gehen, aus den vorhandenen Kunststoffabfällen so viel einsatzfähiges Rezyklat wie möglich herzustellen, mit dem Neuware ersetzt werden kann.

Sollten die Non-Food Anwendungen für die Aufnahme von Rezyklaten nicht ausreichen, so können Alternativen, wie beispielsweise Bauteile für den Hochbau und Tiefbau, ökologisch vorteilhaft genutzt werden. Gerade im Bausektor finden Kunststoffbauteile (Rohre, Leitungen, Isoliermaterial, Paneele, Paletten, Rasengitter) zunehmend ihren Einsatz.

Die chemischen Aufbereitungsverfahren sind momentan allesamt nicht industrietauglich und in jedem Falle deutlich energieaufwändiger als die werkstofflichen Recyclingverfahren. Es gibt also keinen Grund, die chemischen Verfahren quasi durch staatliche Regelungen am Markt vorbei zu protegieren.

Die mittelständischen Strukturen im werkstofflichen Recycling würden geschwächt zugunsten der chemischen Industrie. Da das chemische Recycling überwiegend durch die kunststoffherstellende Industrie stattfindet, schwindet auch der intrinsische Wettbewerb zwischen Neukunststoff- und Rezyklatproduktion. In der Konsequenz wird die dominierende Stellung der kunststoffherstellenden Industrie auf das Recycling ausgeweitet.

Beim PET werden heute vor allem transparente Getränkeflaschen im industriellen Maßstab recycelt. Die bei einer Substitution von Verpackungen aus PE, PP oder PS anfallenden PET-Schalen, PET-Becher oder opaken PET-Flaschen erweisen sich als kaum recyclingfähig. Zur Erfüllung der Mindesteinsatzquote bei allen Lebensmittelverpackungen müssten also Flaschenrezyklate genutzt werden, die jedoch schon dringend für den geschlossenen Flaschenkreislauf benötigt werden. Schon jetzt stehen nicht genügend PET-Flaschen zur Verfügung für das bottle-to-bottle-Recycling.

Darüber hinaus würde sich durch Ausweiten des Einsatzes von PET-Lebensmittelverpackungen die Rezyklierbarkeit der verbleibenden Sammelgemische (LVP aus dem gelben Sack oder der gelben Tonne) deutlich verschlechtern. Des Weiteren wären die Sammelmengen von PE, PP oder PS stark rückläufig.

Im Sinne einer Förderung niedriger Energieverbräuche und niedriger Kohlenstoffemissionen und im Sinne der Förderung des Wettbewerbs im Kunststoffrecycling ist also jede Mindesteinsatzquote von PE-, PP- oder PS-Rezyklaten für den Lebensmittelkontakt zu vermeiden.

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