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Warum kunststofffreies Bauen in der Realität nicht möglich ist

Warum kunststofffreies Bauen in der Realität nicht möglich ist

Artikel

Der Wunsch, kunststofffrei zu bauen, gewinnt zunehmend an Bedeutung, um das Abfall- und Mikroplastikproblem zu lösen. Doch trotz der guten Absichten und intensiver Forschungsarbeit zeigt sich in der Praxis, dass ein vollständig kunststofffreies Bauen nahezu unmöglich ist.

Im Rahmen eines geförderten Projektes wurde von baubook (Österreich) und der Hochschule München wird seit 2022 intensiv untersucht, wie Kunststoffe im Bauwesen reduziert oder ersetzt werden können. Erste Ergebnisse und Diskussionen wurden in mehreren Workshops vorgestellt und zeigen die Herausforderungen auf.

Die Bewertung von Bauprodukten ist deutlich komplexer, als lediglich den Kunststoffgehalt zu betrachten. Neben den bauphysikalischen Eigenschaften müssen Anforderungen wie CO2-Reduzierung, Öko- oder Humantoxizität, Recyclingfähigkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Oftmals sind Bauprodukte aus Kunststoff erforderlich, um baurechtliche Anforderungen zu erfüllen. Beispielsweise sind heutige Standards für Bauqualität, preiswertes Bauen und Schallschutz ohne Kunststoffprodukte schwer zu erreichen.

Zielkonflikte und pragmatische Lösungen

Es bestehen Zielkonflikte, die eine Vielzahl von Kriterien erfordern, um das geeignete Material für ein Bauprojekt auszuwählen. Dies wurde deutlich in der Aussage, dass „bauphysikalische Eigenschaften und Anforderungen wie CO2-Reduzierung oder Recyclingfähigkeit oft nur durch den Einsatz von Kunststoffen erreicht werden können“. Norbert Budendick, Geschäftsführer der Fachvereinigung Extruderschaum und Teilnehmer des Workshops: „Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von Extruderschaum (XPS) ein erdölbasierter Dämmstoff der aufgrund seiner bauphysikalischen Eigenschaften nicht nur das bis zu 600-fache dessen an CO2 einsparen kann, was zu seiner Herstellung emittiert wurde. In der Kellerdämmung bleibt er ein hauslebenlang im Einsatz und hat dadurch einen positiveren Ökologischen Fußabdruck als die meisten alternativen Materialien. „

Ein weiteres Thema ist das Bewusstsein für „versteckte Kunststoffe“. Häufig werden Materialien als kunststofffrei betrachtet, obwohl sie dies in der Realität nicht sind. So wurde im Workshop klargestellt, dass Mineralwolle und Holzfaserdämmstoffe, die in Broschüren als kunststofffreie Lösungen beworben werden, tatsächlich nicht vollständig ohne Kunststoffe z.B. als Bindemittel oder Stützfasern auskommen.

Effiziente Dämmstoffe durch Kunststoffe

Ein bedeutender Fortschritt des Projektes war die Anpassung der Bewertungsgrundlage des Kunststoffgehalts von Dämmstoffen. Kunststoffdämmstoffe erreichen mit einem geringeren Materialeinsatz denselben oder einen besseren Dämmwert im Vergleich zu kunststofffreien oder -armen Produkten. Diese Effizienz macht Kunststoffe zu einem unverzichtbaren Bestandteil moderner Dämmtechnologien.

Fazit

Die Ergebnisse und Diskussionen des Projektes verdeutlichen, dass ein vollständiges Vermeiden von Kunststoffen im Bauwesen unrealistisch ist. Der Fokus sollte daher auf der Reduzierung und bewussten Anwendung von Kunststoffen liegen, um sowohl ökologische als auch funktionale Anforderungen zu erfüllen. Der Bauherr muss sich zu guter letzt in der Konkurrenz der Zielkonflikte entscheiden, ob die langfristige Nutzung eines Kunststoffes im Gebäude und dessen planmäßiger Rückbau und Recycling nicht besser sind als eine höhere Umweltbelastung sowie ggf. Komfort und Kosten.

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