Der Industrieverband Papier- und Folienverpackung lässt mit seinen Forderungen an die Parteien für den nächsten Bundestag keine Interpretation offen. Der Branchenverband fordert eine grundsätzliche Überarbeitung bestehender Gesetze und Regelungen und eine stärkere inhaltliche Qualität bei der Erstellung neuer Verordnungen. „Es macht den Anschein, als ob Gesetzesvorhaben bzw. Umsetzungen von EU-Verordnungen nicht dem Motto folgen ‚Qualität vor Schnelligkeit‘. Dieser offensichtliche – und vermeidbare – Mangel an Qualität zieht schwerwiegende Konsequenzen für die Wirtschaftslage nach sich. Aus unserer Sicht braucht es für neue sinnvolle, umsetzbare nationale und europäische Gesetzesvorgaben vor allem Sorgfalt und Zeit bei der Erstellung“, so IPV-Geschäftsführer Karsten Hunger und ergänzt: „Bei jedem Gesetz muss eine faktenbasierte Folgenabschätzung im Vorfeld mitgedacht werden. Es darf nicht sein, dass neue Gesetze grundsätzlich vor Gericht landen, überprüft und sehr oft geändert werden müssen. Das kostet den Unternehmen enorm viel Zeit und Geld und schadet zusätzlich dem Vertrauen in die demokratischen Prozesse.“
Entlastung bei der Bürokratie
IPV-Vorstandssprecher Jens Vonderheid bewegt vor allem die hohe Bürokratielast der Wirtschaft: „Unsere Unternehmen verlangen nach einer spürbaren bürokratischen Entlastung. Dazu gehört für den IPV auch der Vorstoß, dass für jede neue Verordnung zwei alte gestrichen werden müssen.“ Mike Hartung, ebenfalls Vorstandsmitglied des IPV, ergänzt: „In meinem Heimatland Bayern hat der Landtag eine entsprechende Initiative auf dem Weg gebracht hat. Wenn dies auf Länderebene möglich ist, kann es auch in Brüssel umgesetzt werden. Gerade Deutschland, als größter Nettozahler der EU, könnte hier entscheidend auf europäische Gesetzgebungsverfahren einwirken.“
Vonderheid verweist in dem Zusammenhang auf die Überprüfung aller Melde- und Berichtspflichten für Unternehmen und stellt die Frage: Was davon ist wirklich sinnvoll und nötig? Was kann zusammengefasst werden? Was kann durch Digitalisierung vereinfacht werden?
Im Vergleich zu den europäischen Wettbewerbern darf es keine unterschiedlichen Maßstäbe mehr untereinander geben. Die Subventionsverzerrungen innerhalb der EU müssen durch einen fairen Binnenmarkt gestoppt werden. Das stärkt Europa als starken Wirtschaftsraum auch nach außen. Und für den globalen Markt muss gelten, dass neue EU-Regularien im Vorfeld geprüft werden müssen, ob sie zu unfairen Vorteilen von Nicht-EU-Ländern führen. Hier fordert der Verband eine stärkere Stimme der deutschen Politik gegenüber Brüssel.
„Mehr Vernunft, weniger Gefühl!“
Der IPV erkennt an, dass Politik in schwierigen Zeiten auch schnell reagieren muss. Schneller, als das vor wenigen Jahren noch üblich war. Das führt dann auch zu Fehlern, die eine entsprechende Fehlerkultur erfordern. Notfalls müssen Gesetzesvorhaben kurzfristig gestoppt und überarbeitet werden, noch bevor sie verabschiedet werden. Zu spätes Reagieren, das Reißen von Deadlines oder das Vertrösten mit Hinweis auf spätere Anpassungen sind für Unternehmen pures Gift. Eine langfristige Planbarkeit muss ermöglicht werden. Die Gefahr, dass Gesetze die schnell geschrieben und nach einigen Monaten zurückgezogen oder ausgehebelt werden, führt dazu, dass Investitionsentscheidungen in und für Deutschland nicht getroffen werden. Beispiele hierfür gibt es leider hierfür bereits genug. Der IPV fordert mehr Professionalität bei Verordnungen und Gesetzen und hält ein engagiertes Plädoyer für die Zusammenarbeit mit Experten und Verbänden: „Wir fordern eine transparente Beratung mit Wirtschaftsvertretern und NGOs im Verlauf der Erarbeitung von Gesetzen. Das darf kein Tabu sein. Expertise ist wichtig, um Folgenabschätzungen machen zu können und faktenbasierte, umsetzbare Gesetzestexte zu entwickeln. Jeder Mensch kennt es: Gefühle und Emotionen sind wichtige Faktoren bei der Entscheidungsfindung. Gleichzeitig legen uns emotionale Schnellschüsse auch gerne mal Steine in den Weg. Wir plädieren daher inständig für faktenbasierte und sachliche Vernunftentscheidungen als Maßgaben für eine gute Gesetzgebung. Mehr Ratio, weniger Emotio. Effekt statt Affekt.“, so Hartung.
Veränderte Kultur des Förderns und Forderns
Dass Deutschland wieder als der „Kranke Mann Europas“ gilt, hängt auch an der Zukunft des Arbeitsmarkts. Auf diesen blickt der Verband mit Sorge. Immer weniger Menschen stehen diesem zur Verfügung. Aufgabe der Politik muss es sein, auch hier bürokratische Hürden für Arbeitswillige abzubauen und insgesamt Anreize für eine produktive Partizipation am Arbeitsmarkt zu schaffen. Die Besteuerung von Überstunden oder zu starre Arbeitszeitmodelle hält der Verband für falsch.
Die Integrierung aller Bevölkerungsgruppen in den Arbeitsmarkt mag schwierig sein, ist aber alternativlos. Eine Herausforderung, der sich viel zu spät und viel zu oft mit falschen Signalen gestellt wurde. Daher fordert der Verband eine stärkere Qualifizierung von Menschen, die in Deutschland leben und die Intensivierung einer qualifizierten Zuwanderung. Auch diese ist für die Wirtschaft alternativlos. Um die Produktivität positiv zu beeinflussen, müssen Förderungen und Forderungen Hand in Hand gehen.