Aus gebrauchtem Kunststoff gewonnenes Rezyklat ist ein wertvolles Material, das in die Fertigung neuer Produkte einfließt. Hersteller und Verarbeiter verwenden es in Form von Flocken, Pulver oder Granulat. Vorausgesetzt natürlich, die Qualität stimmt. Denn abweichende Kunststoffarten, falsche Farben oder Fremdkörper können die Güte des Rezyklats erheblich beeinträchtigen. Verunreinigungen in Rezyklaten lassen sich somit grob in drei Klassen einteilen: Fremdkunststoffe, Fehlfarben und Fremdkörper.
Solche Störstoffe können an fast allen Stationen der Kreislaufwirtschaft in den Materialfluss gelangen. Schon in den zu Ballen gepressten Kunststoffabfällen aus Sammelsystemen finden sich allerhand Materialien, die dort nicht hineingehören. Damit die Qualität der Rezyklate stimmt, müssen Recyclingunternehmen Kunststoffabfälle sorgfältig sortieren. Stichproben zufolge beträgt der Anteil an Störstoffen in Kunststoffabfällen rund 80 Prozent.
Bleiben die Verunreinigungen unentdeckt, hinterlassen sie Spuren in den recycelten Produkten. Die Konsequenz sind Reklamationen, was mehr Aufwand für die Hersteller bedeutet. Handelt es sich bei den Verunreinigungen um Fremdkörper aus Metall, kann es sogar zu Schäden an den Fertigungsmaschinen kommen. Dadurch entstehen erhebliche Kosten für die kunststoffverarbeitenden Unternehmen.
Material- und Kunststoffarten mit Nahinfrarot-Sensoren erkennen
Verschiedene Kunststoffarten voneinander zu trennen, ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben im Recycling-Prozess. Denn die gesammelten Plastikreste bestehen vielfach aus einem Verbund unterschiedlicher Materialien. Ein Beispiel sind Kunststofflaschen aus Polyethylenterephthalat (PET), die sich in der Regel gut wiederverwerten lassen. Allerdings ist der Verschluss von diesen PET-Flaschen oft aus einem anderen Material gefertigt – zum Beispiel Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP). Diese Kunststoffe haben andere Eigenschaften als PET und lassen sich nicht in gleicher Weise wiederverwerten. Auch das Label auf Flaschen kann aus einem anderen Kunststoff hergestellt sein. Dasselbe Problem taucht bei Wurst- oder Käseverpackungen auf. Oft bestehen Schale und Verschlussfolie aus unterschiedlichen Kunststoffen.Eine sortenreine Sammlung, die Kunststoffe in ihre verschiedenen Arten unterteilt, gibt es in der Regel nicht. Konsumenten wären mit dieser Aufgabe ohnehin überfordert. Aus diesem Grund sind die Hersteller von Rezyklat auf leistungsfähige Sortieranlagen angewiesen. Sie unterscheiden Materialien zuverlässig. Mithilfe der Nahinfrarot-Sensortechnologie sortieren sie in gleichartige Fraktionen. Auch Störstoffe, wie zum Beispiel Steine, werden von den Nahinfrarot-Sensoren erkannt.
Kamera-Sensoren zur Erkennung von Farben
In denselben Sortiersystemen sind auch Sensoren zur Farberkennung verbaut. Denn Flocken oder Körner des Rezyklats sollten nicht nur die gleichen Eigenschaften haben, sondern auch gleich aussehen. Doch Rezyklat in einer einheitlichen Farbe herzustellen, ist anspruchsvoll. Der bunte Aufdruck auf einer Plastikflasche kann bereits zu unschönen Fehlern am neuen Produkt führen. Wer will schon ein weißes Gehäuse eines Elektrogerätes mit grauen Schlieren, weil das verwendete Rezyklat Fehlfarben enthielt? Mit Kamera-Sensoren ausgerüstete Systeme können die unpassend gefärbten Teilchen erkennen und aussortieren. Infrarot-Sensoren in Kombination mit Farbsensoren erkennen zum Beispiel, ob PET-Flaschen aus durchsichtigem oder farbigem Material bestehen.
Mit Magneten und induktiven Sensoren Metall ausschleusen
Fremdkörper bilden die dritte Gruppe der Verunreinigungen. Dabei sind Metallteilchen eine der häufigsten Ursachen für verunreinigtes Rezyklat. Das können Klammern, Nägel oder andere winzige Gegenstände sein. Obwohl sie kaum zu erkennen sind, können sie großen Schaden anrichten. Metallische Fremdkörper geraten an allen Stationen der Kreislaufwirtschaft in den Kunststoffabfall – zum Beispiel durch Fehlwürfe und falsches Sortieren. Gegenmittel sind induktive Metalldetektoren und Magnetsysteme, die diese Fremdkörper erkennen und ausschleusen.
Eine andere Ursache für Fremdkörper im Rezyklat kann das Zerkleinerungsverfahren sein. In diesem Abschnitt schreddern Maschinen Kunststoffreste, um die einzelnen Teile später zu sortieren. Die Messer der Zerkleinerungsmaschinen verschleißen jedoch mit der Zeit. Metallreste geraten auf diese Weise ins Rezyklat und damit in den weiteren Fertigungsprozess. Bei der Herstellung des Rezyklats werden sie mit eingeschmolzen und umschlossen. Wird das so verunreinigte Rezyklat verarbeitet, können die unsichtbaren Metallteilchen unerwartet Schäden an den Fertigungsmaschinen und lange Ausfallzeiten verursachen. Sie müssen deshalb sicher aus dem Kreislaufsystem entfernt werden. Das ist möglich, wenn in Förderleitungen und auf Verarbeitungsmaschinen Magnete und/oder induktive Metalldetektoren/ -separatoren eingebaut sind.
Den gesamten Prozess im Blick
Mit aufeinander abgestimmten Sortier-, Herstellungs- und Verarbeitungsprozessen lassen sich besonders gute Ergebnisse erzielen. Die meist in Ballen gepressten, vorsortierten Kunststoff-Abfälle werden nach der Auflösung auf Störstoffe untersucht, gemahlen und die Flakes intensiv gewaschen. Im Anschluss durchlaufen die Flakes eine weitere Sortierung. Kommen beide Sortieranlagen aus einer Hand, lässt sich die gesamte Leistung oft steigern. Auch der Service schlägt sich in geringeren Kosten nieder.
Schlussendlich kommt es im gesamten Prozess darauf an, ein Rezyklat herzustellen, das zweckgemäß eingesetzt werden kann. Aus besonders hochwertigem Material können neue Lebensmittelpackungen entstehen. Was diesen „Food Grade“-Ansprüchen nicht genügt, lässt sich in der Faserherstellung oder als Pack- bzw. Dämmmaterial verwenden.
Produktdesign beeinflusst Recyclingfähigkeit
Sortiermaschinen könnten noch gründlicher arbeiten, wenn die Zusammensetzung der Kunststoffprodukte das Recycling erleichtern würde. Bislang ist das zu selten der Fall. Entwickler optimieren vielmehr Werkstoffe und Produkte – im Hinblick auf den jeweiligen Einsatzzweck und weil sie sich bessere Chancen am Markt davon versprechen. Ein Beispiel sind schwarze Kunststoffflaschen, die modern aussehen und sich deshalb gut an bestimmte Zielgruppen verkaufen. Das verwendete Material lässt sich aber aufgrund seiner lichtabsorbierenden Eigenschaften nicht gut sortieren. Schwarze Kunststoffe landen daher oft in der Verbrennung.
Um ein recyclingfreundliches Produktdesign zu schaffen, müssen Hersteller Regeln beachten. Zum Beispiel ist es vorteilhaft, nur eine Kunststoffart zu verwenden statt Verbundmaterial. Werden mehrere Materialschichten benötigt, sollten sie leicht trennbar sein. Hilfreich ist auch ein Hinweis für Konsumenten, die Komponenten der Verpackung zu trennen, indem sie zum Beispiel vor dem Wegwerfen Etiketten abziehen. Am besten ist es natürlich, wenn die Etiketten aus demselben Material wie die Packung bestehen.
Bislang sind es meist vereinzelte Öko-Anbieter, die bewusst auf ein nachhaltiges Produktdesign setzen. Der Gesetzgeber wird nur langsam aktiv. „Vorschriften für ein recyclingfreundliches Produktdesign sind die Ausnahme“, sagt Michael Perl Group Director Sorting Recycling bei Sesotec. „Außerdem sind Anreize zu schaffen, um den Einsatz von Rezyklaten als sortenreines Sekundärmaterial in der Kunststoffproduktion zu fördern.“
Bartosch Jauernik, Produktmanager Plast bei Sesotec, räumt zwar ein, dass Haltbarkeit und gute Gebrauchseigenschaften wichtig seien, um ein Produkt am Markt zu verkaufen. „Die Recyclingfähigkeit sollte aber denselben Stellenwert besitzen und von Anfang an in die Produktentwicklung einfließen. Darüber hinaus könne der Einsatz von Rezyklat, wie von der Ressourcenkommission im Umweltbundesamt vorgeschlagen, durch eine so genannte Substitutionsquote verbindlich vorgeschrieben werden.“ Die Substitutionsquote gibt an, welche Mengen an Primärrohstoffen durch Sekundärrohstoffe oder Rezyklate konkret ersetzt werden sollen. Ziel der Substitutionsquote wäre daher nicht nur eine neue Bemessung des Recyclingerfolges, sondern letztlich auch die verpflichtende Einsatzquote für Rezyklate in den Produkten.
Doch auch der Wille und die Bereitschaft der gesamten Kette - vom Gesetzgeber über Hersteller und Handel bis zum Verbraucher - sind nötig, um Nachhaltigkeit zu leben, unabhängig von temporären Einflussfaktoren wie etwa der Entwicklung von Preisen.