Nanocellulose als nachhaltige Barrierebeschichtung
Cellulose ist das am häufigsten vorkommende Biopolymer der Erde und wird seit jeher vielfältig eingesetzt. In Lebensmittelverpackungen kam sie bisher hauptsächlich in Form von Papier oder Pappe zum Einsatz – darauf basierende Verpackungskonzepte sind in der Regel gut recyclingfähig und meist auch biologisch abbaubar. Ein Nachteil hierbei stellt jedoch die hohe Durchlässigkeit gegenüber Gasen, wie z.B. Sauerstoff, dar, denn eine geringe Durchlässigkeit ist für den Schutz vieler Produkte unabkömmlich. Konventionell werden bisher meist Kunststofffolien für die nötige Gasbarriere oder den zu gewährleistenden Produktschutz eingesetzt. Diese kommen entweder als schwierig zu recycelnde Mehrschichtverbunde in den Umlauf oder werden mit Fossil-basierten Barrierelacken, z.B. Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH), beschichtet. Bei fehlenden Sammelsystemen oder unbeabsichtigter Freisetzung von Plastikmüll in die Umwelt kommt es zudem zur Bildung von Mikroplastik mit den einhergehenden langfristigen globalen Umweltproblemen.
Eine Alternative bietet die Nutzung von kristalliner Nanocellulose (CNC) als Beschichtungsmaterial auf Substrate mit hoher Gasdurchlässigkeit, wie Papier oder auch die meisten Biokunststoffe. CNC weist eine sehr geringe Durchlässigkeit gegenüber Sauerstoff und Mineralölen auf, kann daher Barrierebeschichtungen und -materialien aus fossilen Rohstoffen ersetzen und ist somit ein zukunftsträchtiger Rohstoff aus dem Bereich der Bioökonomie. Die biologische Abbaubarkeit wird dabei nicht negativ beeinflusst, weswegen sie einen vielversprechenden Ansatz zur Reduktion von schwer abbaubarem Plastikmüll bietet. Darüber hinaus weisen mehrere Untersuchungen darauf hin, dass CNC als Papierbeschichtung besser verträglich als üblicherweise verwendete Materialien ist und daher weniger Probleme im Recyclingprozess verursacht.
Charakterisierung und humantoxikologische Bewertung von CNC
In dem Projekt werden unterschiedliche Aspekte betrachtet, die bisher eine Markteinführung von Nanocellulose verlangsamten bzw. erschwerten. So werden verbesserte Strategien zur Herstellung von CNC aus verschiedenen Zellstoffquellen untersucht und die Syntheseansätze hochskaliert, um die Kosten einer industriellen Herstellung signifikant zu reduzieren. Die so hergestellten CNC-Suspensionen werden vor den Gesichtspunkten der Prozessierbarkeit als Folien- oder Papierbeschichtung, Barrierewirkung und Verwendbarkeit der beschichteten Materialien als Lebensmittelverpackung untersucht.
Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes ist die Einschätzung des Gefährdungspotentiales durch orale oder pulmonale Aufnahme von CNC für den Verarbeiter und Endnutzer. Dazu werden intelligente Teststrategien auf Basis neuartiger In vitro- und In silico-Verfahren entwickelt und angewandt. Diese umfassen die Untersuchung der toxikologischen Wirkung von CNC anhand neu entwickelter Zellmodelle (GIT, Lunge) und Chip-basierter Hochdurchsatzverfahren, aber auch die Simulation des chemischen Abbaus und der Aufnahme von Nanocellulose in humane Zellen.
Die Entwicklung standardisierter Analysestrategien, von CNC in Lösung, auf Substraten oder in komplexen biologischen Matrizes, stellt einen weiteren Schwerpunkt dar. Es werden quantitative Messmethoden zur Charakterisierung von CNC auf Basis der Elektronenmikroskopie sowie Feldflussfraktionierung (FFF) mit unterschiedlichen Detektionsmechanismen (Mehrwinkel-Lichtstreuung MALS, dynamische Lichtstreuung DLS, Brechungsindex) entwickelt.
CNC-Suspension als Lebensmittelverpackung
Die Tätigkeiten am Fraunhofer IVV umfassen in erster Linie die Verarbeitung und Charakterisierung der wässrigen CNC-Suspensionen für die Anwendung als Lebensmittelverpackung. Die Beschichtungen werden formuliert und mit unterschiedlichen Verfahren auf geeignete Substrate aufgetragen. Zum Schutz der Nanocellulose-Beschichtung vor Feuchtigkeit und mechanischen Einflüssen sowie dem Schutz des Produktes und des Konsumenten vor etwaigem Nanopartikel-Abrieb wird diese in der Regel gegen eine Siegelfolie laminiert oder mit einem Siegellack geschützt. Verpackungsrelevante Eigenschaften, wie die Sauerstoffdurchlässigkeit (OTR) des Verbundes oder die Verbundhaftung, werden dabei immer in der Entwicklung mitberücksichtigt. Zudem werden Testverfahren zur Migration von Kontaminanten, wie beispielsweise Mineralölrückstände aus der Papierverarbeitung, angewandt und weiterentwickelt. Ein weiterer interessanter Forschungsaspekt, der sich im Laufe dieses Projektes herauskristallisiert hatte, ist die zielgerichtete chemische Modifikation von Nanocellulose mit dem Ziel, beispielsweise die Wasserdampfbarriere der Beschichtung oder die Haftung auf hydrophoben Substraten wie Polypropylen zu verbessern.