Die deutschen Kunststoff- und Gummimaschinenbauer konnten das Jahr 2022 mit einem preisbereinigten Umsatzplus von 10 Prozent abschließen. Nominal belief sich das Plus auf 18 Prozent. „Dieses Wachstum kommt durch die vielen Aufträge zustande, die in den vergangenen Jahren akquiriert werden konnten und zeigt, dass sich die Lieferketten etwas entspannt haben“, erläutert Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA. Aktuell sind die Auftragsbücher immer noch gut gefüllt, was auf ein vergleichbar gutes Umsatzjahr 2023 deutet.
Zurückhaltend sind die Erwartungen an die Umsatzentwicklung ab 2024. „Uns sind neue Aufträge im vergangenen Jahr mit einem preisbereinigten Minus von 13 Prozent weggebrochen und im ersten Quartal 2023 sogar nochmals deutlicher um Minus 33 Prozent“, sagt Thorsten Kühmann, Geschäftsführer des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen. „Das bedeutet für 2024 wahrscheinlich in Summe weniger Bestandsaufträge in den Büchern, die abgearbeitet und in Umsatz gebracht werden können.“
Viel Hoffnung, dass die Nachfrage kurzfristig wieder anziehen wird, besteht nicht. Das weltweite Konjunkturklima mit niedrigem Wachstum, hoher Inflation und dementsprechend hohen Zinsen verunsichert die Investoren. Durch das amerikanische Konjunkturpaket IRA (Inflation Reduction Act) werden zwar auch die Kunststoff- und Gummimaschinenbauer profitieren, aber ob das ausreicht, um die Weltwirtschaft wieder anzukurbeln, bleibt abzuwarten. Die Bereiche E-Mobilität und Verpackungen versprechen noch am ehesten Wachstumschancen. Gerade in China verläuft die Transformation zur Elektrifizierung der Fahrzeuge mit enormer Geschwindigkeit und durch die steigende weltweite Bevölkerungsentwicklung nimmt auch der Bedarf an verpackten Lebensmitteln zu. In beiden Fällen kann Kunststoff seine Vorteile ausspielen.
Vor diesem Hintergrund stellen sich die großen Aufgaben der Dekarbonisierung und der Defossilisierung der Kunststoffindustrie noch herausfordernder dar: Die Kunststoffindustrie ist bereits mitten im Transformationsprozess in Richtung Kreislaufwirtschaft. Das zahlt auf die Ziele der beiden genannten Mega-Trends ein. Doch CO2-Emissionen zu reduzieren oder gar eine CO2-neutrale Produktion zu etablieren, benötigt Investitionen und Umstrukturierungen.
Dem steht derzeit Planungsunsicherheit entgegen, die viele Unternehmen und Kundengruppen verspüren. Dabei geht es insbesondere um Fragen der Energieversorgung und deren Kosten.
Für den Fachverband und dessen Vorstand steht daher die strategische Weichenstellung für die Branche der Kunststoff- und Gummimaschinenbauer und deren Partner entlang der Wertschöpfungskette im Mittelpunkt. Folgende Handlungsfelder gehören dazu: Engagierten Nachwuchs für den Maschinenbau und im Besonderen für die Kunststoffindustrie zu gewinnen, ist ein Gemeinschaftsprojekt. Der Fachverband arbeitet intensiv mit der VDMA-Abteilung Bildung zusammen. Die dort erhobenen Zahlen zeigen, dass der Fachkräftemangel als größtes Risiko im Maschinenbau gesehen wird. Ursache ist zum einen der demographische Wandel, zum anderen die Konkurrenz zu anderen, für junge Menschen attraktiver scheinende Branchen. Sie haben sehr häufig kein klares Bild vom Maschinenbau, nicht von seinen Leistungen für den Klimaschutz und auch nicht von den beruflichen Möglichkeiten. Das gilt noch mehr für die Kunststoffindustrie mit ihrem Imageproblem. Andererseits ist die Zufriedenheitsrate der technischen Auszubildenden mit ihren Unternehmen und ihrem Arbeitsplatz sehr hoch.
In diesem Spannungsfeld kamen die Repräsentanten der Verbände von „Wir sind Kunststoff“, GKV, PlasticsEurope und VDMA zusammen, um auch hier das Thema Nachwuchs gemeinsam anzugehen. Es gibt erste Ideen: zum Beispiel, wie man durch gute Vorbilder über alle Ebenen des Unternehmens und Netzwerke mehr Frauen für die Kunststoffindustrie gewinnen kann. Ein weiteres Aktionsfeld ist, Mitarbeitende aus dem Ausland zu gewinnen. Hier ist der Maschinenbau mit seinen internationalen Netzwerken gut aufgestellt.